Kandidatenportrait über Lisa Walter der Waiblinger Kreiszeitung:
Waiblingen. Sie hat für ihre Kleine einen faltbaren Kinderwagen gekauft, der am Flughafen als Handgepäck durchgeht. Das passt, denn sie will nach Berlin. Ihr Listenplatz gibt keinen Anlass für große Hoffnungen. Trotzdem. Lisa Walter bleibt mit gelben Rosen in der Hand am Ball.
Lisa Walter ist 30 Jahre jung und Mutter eines Babys. Schublade auf, Schublade zu – und schon ist sie reduziert auf Weiblichkeit und Mutterschaft. Damit hat Lisa Walter kein Problem. Sie dreht den Spieß einfach um, öffnet die Schublade sogleich wieder und gibt den Blick frei auf eine Persönlichkeit, zu der tiefe Religiosität gehört, Ehrgeiz und die Kraft, ein Scheitern als Neustart zu sehen.
Lisa Walter – damals hieß sie noch Strotbek – hat schon einmal für den Bundestag kandidiert, 2013 für die FDP im Wahlkreis Backnang/Schwäbisch Gmünd. Die Liberalen scheiterten kläglich. Jetzt tritt Lisa Walter im Wahlkreis Waiblingen an. Ihre Parteikollegen haben sie auf Platz 18 der Landesliste gesetzt, sechs Plätze weiter hinten als 2013. Das hat sie enttäuscht, keine Frage. „Man muss dann zwei, drei Tage innehalten. Dann geht es weiter voller Elan.“
Gelbe Rosen auf dem Marktplatz verteilt
Am Wahlkampfstand der FDP auf dem Waiblinger Marktplatz zeigt sie sich aufgeschlossen, kompetent, selbstbewusst, begeistert. Im Wahlkampf vor vier Jahren schlug ihr viel Ablehnung entgegen. Die FDP, der sie 2009 beigetreten ist, stand weit unten in der Wählergunst. Das Blatt hat sich gewendet, so empfindet es Lisa Walter. „Darf ich Ihnen was mitgeben?“, fragt die Kandidatin Passanten und drückt ihnen gelbe Rosen in die Hand.
„Der Kern ist doch die Familie und dass es den Familien gutgeht“, das ist ihre Botschaft. Diese Blockade muss weg, sagt sie: Oh, die hat ein Kind, dann geht das nicht.
Schwarz-gelb am Frühstückstisch
Es geht, wenn die Voraussetzungen stimmen. „Jeder soll sich sein Modell suchen können. Alles muss möglich sein“, fordert Lisa Walter und mahnt flexible Arbeitszeiten an, auch für Männer, ferner bessere Bedingungen für Betreuung. Und Respekt für alle, die zu Hause beim Kind bleiben wollen. Während Lisa Walter ein hohes Tempo vorlegt beim Erläutern ihrer Positionen, drückt sich ihr Mann im Hintergrund am Infostand herum, die Tochter vor die Brust geschnallt. Er mischt auch mit in der Politik; privat bildet er mit seiner Frau eine CDU-FDP-Koalition. Schwarz-gelb am Rudersberger Frühstückstisch – und in Berlin? Eine „Liebesheirat“ wär’s dort nicht, findet Lisa Walter. Schwer gelitten habe die FDP vor 2013, „untergebuttert“ von den Schwarzen und als deren „verlängerter“ Arm degradiert. Nun geht es drum, dass die FDP ihre Inhalte wieder einbringen kann, wiederholt die Kandidatin ein ums andere Mal und formuliert das große Ziel: drittstärkste Kraft werden.
Walter glaubt fest an den „sozialen Aspekt“
Wenn sie Angela Merkel persönlich eine Frage stellen könnte, dann wäre es diese: Waren Sie in der Flüchtlingsfrage beeinflusst von Faktoren, die wir nicht kennen, und haben Sie deshalb so gehandelt? Die FDP pocht auf ein Einwanderungsgesetz, „damit wir ein Auge darauf haben, wer reinkommt“. Voller Schutz für bedrohte Menschen, keine Obergrenze – diese Stichworte fügt Lisa Walter noch hinzu.
In ihrer Studentenzeit wuchs Walters Interesse für Politik, speziell für die FDP. Die Betriebswirtin glaubt fest an den „sozialen Aspekt“ einer wirtschaftsfreundlichen Politik: Geht’s den Firmen gut, geht’s den Menschen gut. So einfach ist das.
„Geld ist nicht das Lebensglück“
Für Millionen Menschen in Deutschland fühlt sich der Alltag kein bisschen einfach an. Keine Arbeit, kein Geld, keine Hoffnung. Lisa Walter zeigt sich, obwohl noch gar nicht lange in der Politik engagiert, reichlich versiert im vagen Politiker-Sprech: Armut könne man nur aushalten, wenn man eine Perspektive habe, herauszukommen. Perspektiven möglich machen, das sei die Aufgabe der Politik.
In Walters bisherigem Berufsleben spielte Geld die Hauptrolle. Vor ihrer Elternzeit hatte sie es als Bankberaterin mit Firmen und vermögenden Privatkunden zu tun. Sorgenfrei leben auch sie nicht, gibt die Kandidatin zu bedenken: „Geld ist nicht das Lebensglück.“
Zwei-Standort-Lösung, wenn sie nach Berlin kommt
Eine Familie trägt mehr bei zum Glück als schnöder Mammon. Lisa Walter und ihre Familie leben in Rudersberg unterm selben Dach mit den Eltern, Geschwister wohnen nicht weit entfernt. Die 30-Jährige genießt das. Sie gehörte als Jugendliche schon nicht zu jenen, die ein Auslandsjahr für unverzichtbar halten. Sollte sie entgegen aktuellen Prognosen im Bundestag landen, würde sie mit ihrer Familie eine Zwei-Standort-Lösung wählen.
Zuversichtlich: Walter will nach Berlin
„Find ich toll, dass Sie das machen mit Kind“, sagt eine Bürgerin am FDP-Stand. Das Gespräch dreht sich um Studien- und GEZ-Gebühren. Die Kandidatin hört zu und nickt und antwortet routiniert. Sichtlich wohl fühlt sie sich unterm gelben FDP-Schirm: „Ich merke, dass ich relativ hohe Anerkennung habe.“
Ihr Glaube und ihre christliche freikirchliche Gemeinschaft stärken ihr den Rücken. Als „sehr gläubigen Menschen“ bezeichnet sich die FDPlerin, doch möchte sie dieses Thema nicht zur Grundlage politischer Diskussionen machen.
Noch gut zwei Wochen bis zur Wahl. „Es ist noch alles möglich“, gibt sich Walter zuversichtlich: „Ich will nach Berlin.“